Gedanken und Kommentare

In meiner Malerei

"In meiner Malerei entstehen hauptsächlich lyrisch abstrakte Farbkompositionen, mitunter sehr expressiv, die vorwiegend Formen aus der Natur beinhalten, nicht aber die Natur abbilden. So ergeben sich spannungsgeladene, auf unterschiedlichste Weise interpretierbare Farbflächen, Flecken, die eine vielfältige Binnenstruktur aufweisen und die emotionale Ebene beim Betrachter ansprechen."

Johannes Ramsauer

Natur als Idee

Dancing Stars | copyright Johannes Ramsauer

Johannes Ramsauers Malerei sind feine und sensible Bilder, gänzlich gegenstandsfreie Werke. In Ihnen bleibt aber die Natur und Naturhaftes immer als Idee oder Vorstellung spürbar, besonders die erdhaften und naturnahen Farben rufen Erinnerungen und Assoziationen an Vorgänge und Prozesse der Natur wach. Es sind Bilder von großer Bewegtheit, voller Tempo, immer wirbelt etwas, bewegt sich etwas, ist etwas im Fluss. Auch der Farbauftrag ist leicht und flüssig. Der Maler legt die Leinwände auf den Boden und trägt dann die Farbe mit dem Pinsel oder der Hand auf. Mitschwingt auch immer der ganze Körper, das Tempo der Bewegung ist deutlich lesbar und nachvollziehbar. Auch wirkt seine Malerei immer fast wie ein Aquarell, der Bildgrund der Leinwand bleibt weiß – wie das Papier beim Aquarell.

Shrimp 2003

Diese Bilder „stellen nichts dar“ und dennoch gibt der Maler uns „Sehhilfen“ – durch seine Titel - obwohl ich mir nicht ganz sicher bin ob die Titel nicht manchmal augenzwinkernd ironisch gemeint sind. Ramsauer titelt: „Shrimps“, „Roter Erdling“ oder „Zander gebraten“. Mit diesen Titel will der Künstler uns vielleicht auch darauf hinweisen, dass in der Kunst nicht immer und überall eine rationale und erklärbare, lesbare Botschaft gesucht und gefunden werden kann. Das Geheimnisvolle, das Persönliche soll und darf auch in der Malerei Johannes Ramsauers getrost ohne weitere Erklärung stehen bleiben.

Sex and the City | copyright Johannes Ramsauer

Auch die Begriffe „Natur“ und „Ich“ werden sie in diesen Titeln lesen – und so bringt er zum Ausdruck, dass für den Entstehungsprozess seiner Malerei das Spontane, das Irrationale, das Unkontrollierte der Psyche Begriffe sind, die einen wichtigen Teil seiner Bilder ausmachen. Als Gegenpol zur Malerei Johannes Ramsauers stehen die strengeren, weitaus stärker „gebaut“ wirkenden grafischen Werke. Es sind Linolschnitte, die in ihrer Farbigkeit auf Schwarz- Weiß reduziert sind oder manchmal mit wenigen Farben kombiniert werden. Es sind massive, starke, ganz auf die Fläche und die Umrisslinie setzende Bilder, auf den ersten oberflächlichen Blick ganz im Kontrast zur Malerei stehend.

Wenn man sich den Entstehungsprozess aber genauer ansieht stellt man fest, dass der Künstler auch hier den Zufall und das Material selbst als wichtige Faktoren in die Bildfindung und Bildwerdung hinein nimmt: Er brennt das Linol, reißt die Ränder ein, schabt und ritzt über die erhitzte Platte. Das Ergebnis ist meist nicht genau vorhersehbar, das Material selbst und der Zufall bestimmen schlussendlich mit wie das fertige Bild aussehen wird. Also auch hier setzt der Maler - wenn auch nicht so deutlich spürbar wie in der Malerei – auf den kalkulierten Zufall als wichtiger Teil des Entstehungsprozesses. Die Kunstgeschichte kennt zahlreiche Kunstrichtungen, die den Zufall und die Energie des Unbewussten gefeiert haben – DADA etwa oder auch die Surrealisten aber auch die Maler des Informel. Das Eigenleben der Form steht bei diesen Künstlern wie auch in den Bildern Johannes Ramsauers im Vordergrund. In den Linolschnitten ist es die abstrakte geschlossene Form, in seiner Malerei die abstrakte dynamische Form, gesteigert durch die Ausdruckskraft der Farbe und den gestischen Farbauftrag durch den der Maler Emotion und Subjektivität vermittelt.

Die Bildsprache des gestischen, des Informel hat ja eine lange Bildtradition vorzuweisen. Als künstlerisches Phänomen ist es in der österreichischen Kunst fest verwurzelt und hat seit 1945 ganz unterschiedliche Aspekte und Ausformungen gefunden – das bedeutet auch dass uns die verschiedenen Möglichkeiten gestisch emotionaler Malerei von Markus Prachenskys „Peinture liquide“ bis hin zu den Schüttbildern von Hermann Nitsch einen gewissen Rahmen schaffen, die unmittelbare Übertragung der Emotion in malerische Aktion zu akzeptieren. Schwerer haben es da wohl die spröden Linolschnitte Ramsauers: Ich denke dass gerade diese formal sehr anspruchsvollen grafischen Arbeiten ein großes Maß an Bereitschaft der Auseinandersetzung mit dieser sehr eigenwilligen Formsprache voraussetzen.

Mir persönlich gefallen gerade die grafischen Werke besonders, sie sind eindrücklich in ihrer Festigkeit und Konzentration auf Wesentliches, wobei das Leichte und Spielerische das die Malerei Ramsauers auszeichnet auch in diesen Blättern spürbar ist.

Susanne Berchtold
Wien, 2007

Über die Gerechtigkeit

Zitat: Vitus H.Weh

Über die Gerechtigkeit (aus dem Katalog "Brandmale" von Johannes Ramsauer)
Zitate von Vitus H.Weh zu den Linolrissen des Malers und Grafikers

„Man sieht keine Spuren von Schnitzmessern, die Drucke haben unkalkuliert-präzise Formen, konkrete Sujets sind nicht zu erkennen. Er erhitzt die Platten, schabt und ritzt darüber, um am Schluss das wundgeriebene Linoleum in Stücke zu reißen.“

„Es scheint interessanter zu sein, ein Material im Widerstreit und in seiner Eigenwilligkeit zu entdecken, als ein x-beliebiges Bild auf einer gefügigen Unterlage wiederzuerkennen. Irgend- etwas Fremdes muss noch mittun, damit ein Bild mit Eigenleben entsteht.“

„Es gelingt dem Künstler, in seiner Art dem Anspruch des Materials und seiner Person gerecht zu werden. Gerechteres lässt sich über seine Arbeit schwer sagen.“

 

Farbflächen und weiße Flecken

Farbflecken und weiße Flächen, viel Zwischenraum, Rot, Braun, Ocker, Gelb, Grün – erdige, warme Farbtöne. Dies ist der erste Eindruck, wenn man die Malereien Johannes Ramsauers betrachtet. Beim näheren Hintreten weisen diese Farbflecken eine sehr vielfältige Binnenstrukur auf, verschiedene Formen, aber auch Farbschichten und Mischungen treten zutage. Die Flächen wirken in sich sehr lebendig. Überhaupt bemerkt man dynamische Bewegungsverläufe, lockere Pinselstriche, Farbspritzer zeugen von einem sehr spontanen Arbeitsverlauf.

Manche Arbeiten haben etwas Leichtes, viel Schwung, ineinander verfließende transparente Farbschichten vor allem in den zuletzt entstandenen Malereien fällt dies auf. Bei anderen dominiert der Eindruck von Kraft, die Farbschichten wirken pastoser, deckender.

Diese unterschiedliche Wirkung hat auch mit technischen Bedingungen zu tun. Am Boden liegende Leinwände, können mit mehr Wasser bearbeitet werden, während senkrecht hängende Untergründe einfach einen pastoseren Farbauftrag verlangen.

Die expressive, abstrakte Malweise spricht in ihrer Wirkung eine sinnlich – emotionale Ebene beim Betrachter an. Diese sinnlich-emotionale Ebene ist ja auch gerade das, wo Kunst ihre Stärke entfalten kann. Natürlich gibt es auch eine kognitiv, konzeptuell bestimmte Kunst, die mich persönlich sehr fasziniert. Dennoch bedient sich auch diese Kunst zumeist einer ganz spezifischen Ausdrucksweise, die mit dem reinen Verstand nicht vollkommen erfasst werden kann- ein Beispiel wäre für mich das Werk Fria Elfens.

Die Wahrnehmung – aisthesis – des Menschen von Welt ereignet sich auf verschiedensten Ebenen. Über den Verstand, über den Körper z B.. im Ertasten und über Sinnlichkeit und Gefühl. Der noch immer von der Aufklärung bestimmte westliche Mensch fühlt sich am sichersten, wenn er über den Verstand, das Wissen, über verbale Erklärungen zur Kunst hingeführt wird. Einstiegshilfen sind auch berechtigt, dennoch sollte man sich dessen bewusst sein, dass die Erklärung von Kunst immer auch eine Verkürzung darstellt, ansonsten hätte der Künstler selbst einen wissenschaftlichen Text oder ein Essay verfasst.

Die Konfrontation mit Kunst scheint eine Palette von Empfindungen hervorzurufen, die die Basis darstellen können für eine emotionale Intensivierung oder auch für Reflexionen.

In der Kunsttheorie taucht auch der Begriff der „Vermischten Empfindungen“ auf, dabei geht es gerade nicht um möglichst klare Eindrücke und eindeutige Gefühle, sondern im Gegenteil, um das Auftauchen unterschiedlicher, ja auch einander widersprechender Empfindungen, die eine besondere Erfahrungsqualität, eine besondere Form der Lust darstellen .

Es liegt am Betrachter, sich fallen zu lassen, einfach Farben und Formen auf sich wirken zu lassen, ohne gleich nach einer Bedeutung oder gar einem Inhalt zu fragen. Kunst als Gegenpol einer technisierten, faktenorientierten, materiellen Welt. Die Ebene der Sinnlichkeit, der Anmutungen, des Gefühls.

Dass diese Ebene wieder Einzug gefunden hat in der Kunstdiskussion, zeigt die Publikation von Konrad Paul Liessmanns Buch „Reiz und Rührung“ im Jahre 2004.

Ich bin mir aber bewusst, dass der Betonung der rein emotionalen Ebene auch eine Gefahr innewohnt:

Emotional heißt nicht beliebig. Es gibt Qualitätskriterien, die allerdings nur sehr schwer zu kategorisieren sind. Der erfahrene Galerist H.Müller würde sagen, mit der Häufigkeit, mit der man mit (guter) Kunst zu tun hat, entwickelt sich auch ein Gefühl für Qualität. Spannung, interessanter Bildaufbau, eventuell Lockerheit, ohne auseinanderzufallen. Das Gegenteil wäre klischeehafte Anordnung, Gefälligkeit bis zum spannungslos Auseinanderdriftendem und bis zur Lauheit.

Hier in diesem Raum haben sie ja Gelegenheit, ihr Auge zu schulen, hier haben Sie Spannendes, Interessantes, originelle, gewagte Kompositionen, die dennoch nicht auseinanderfallen, Leichtigkeit in der atmosphärischen Wirkung.

Ich darf auch zur gelungenen Präsentation gratulieren, es ist nicht einfach in einem doch eher unruhigen Raum, wie es ein Lokal mit seinen Funktionen eben ist, so ruhig und klar zu hängen, sodass die Bilder einfach eine unaufdringliche Präsenz aufweisen und den Raum sehr positiv bestimmen.

Eva Maltrovsky (zu einer Ausstellung im Restaurant Esterhazy in Eisenstadt)

(1) Konrad Paul Liessmann: Reiz und Rührung. Über ästhetische Empfindungen. Wien 2004, S.20
(2) Konrad Paul Liessmann: Reiz und Rührung, s.33

Explosionsartiges Streben

Dr. Gerlinde Schrammel
zu den Arbeiten von Johannes Ramsauer

Das malerische Werk von Johannes Ramsauer zeichnet sich durch seinen dynamischen und zugleich sensiblen Charakter aus. Ein explosionsartiges Streben, das der Bewegung einen schwungvollen Reiz verleiht, führt den Beschauer aus der Zweidimensionalität hinaus in eine neue Räumlichkeit. So drücken auch die Farben in ihrer Skala von einem kalten kräftigen Blau über eine Variation von Grüntönen und erdigem Braun bis zum hellen gelben Licht und feurigen Rot die Dynamik der Bewegung aus: Von einer in sich geballten Ruhe bis zum Aufbrechen der Elemente. Das Tempo der Bewegung wird noch durch die zeichnerische Pinselführung gesteigert. “Von der Realität der Natur kommend, um in die Irrealität der Abstraktion einzutreten“ so würde man mit einem Satz das malerische Oeuvre definieren.